Rolle und Nutzen sozialer Medien für den Unterricht

Die öffentliche Meinung ist sich einig: Unsere Zukunft ist digital. Die Welt und unser Leben werden von digitaler Software, digitalen Gadgets, digitalen Medien, digitaler Wirtschaft und digitalen Algorithmen beherrscht werden. Und natürlich von digitalen sozialen Netzwerken. Deshalb gehen die Menschen davon aus, dass natürlich auch die Bildung digital sein muss und sein wird, und nutzen digitale Gadgets, digitale Medien und nicht zuletzt die sozialen Netzwerke für Bildungszwecke.

Könnten soziale Netzwerke die Kommunikation im Bildungskontext revolutionieren? Warum nicht Instagram nutzen, um Bildungsprojekte zu präsentieren und auszutauschen? Kann der Fremdsprachenunterricht nicht Facebook und Twitter nutzen, wenn deutsche SchülerInnen mit ihren französischen Austauschpartnern kommunizieren? Wie schnell und einfach könnte die Kommunikation zwischen Lehrern, Schülern und Eltern sein, wenn alle WhatsApp auf ihren Smartphones verwenden würden?

Social Media spielt eine wichtige Rolle in der Bildung und bietet LehrerInnen und SchülerInnen eine Vielzahl von Möglichkeiten.

 

   

Der Ansatz "mit den sozialen Medien" und "über die sozialen Medien"

Unter Berücksichtigung der in den vorhergehenden Kapiteln beschriebenen Vorteile und Herausforderungen von Social Media weist der "mit den Sozialen Medien"-Ansatz für Lernzwecke darauf hin, dass er eher einen "Spaßfaktor" als ein didaktisches Potenzial für die Lernenden hat. Schnelle Kommunikation, grenzenloser Austausch von Ideen und Erfahrungen, Mehrsprachigkeit und Multikompetenznetzwerke könnten dazu führen, dass rechtliche Voraussetzungen für die pädagogische Nutzung von sozialen Netzwerken fehlen (persönliche Datensicherheit, Verfügbarkeit technischer Voraussetzungen etc.).

Da sich viele junge Menschen ein Leben ohne soziale Medien kaum vorstellen können, ist es umso wichtiger, junge Menschen über soziale Medien aufzuklären. Die SchülerInnen müssen sich der " Vielschichtigkeit der sozialen Medien" und ihrer Auswirkungen auf ihr Denken, Verhalten oder ihre Persönlichkeit bewusst sein. So wird die Aufklärung über die sozialen Medien in den Klassenzimmern zu einer präventiven Maßnahme, um Ablenkung oder Sucht zu vermeiden.

Präventive Aufklärung über soziale Medien bietet die Möglichkeit, die SchülerInnen zu unterstützen, zu informieren und anzuleiten, um negative Auswirkungen von sozialen Medien zu vermeiden. Die rückblickende Aufklärung über soziale Medien bietet die Gelegenheit, die Stimmung, das Verhalten und die Meinungen der Schülerinnen und Schüler besser zu verstehen, die möglicherweise auf ihren Konsum von sozialen Medien zurückzuführen sind.

 

   

Vermittlung des Ansatzes "über die sozialen Medien"

 

Tipps zur Nutzung Sozialer Medien in der Bildung

Social Media, von WhatsApp bis Snapchat, sind das Kommunikations- und Unterhaltungsmedium schlechthin für die SchülerInnen von heute. Und auf verschiedenen Ebenen gehört dieses Medium auch in den Unterricht.

Der Vorteil des Themas über soziale Medien ist, dass es nicht zusätzlich zu den anderen Grundlagenfächern wie Mathematik, Sprachen oder Kunst zu einem bestimmten Fach werden muss, sondern dass soziale Netzwerke in alle möglichen Fächer integriert werden können. Dies kann aus einem sprachwissenschaftlichen Deutschkurs, aus einem juristischen Wirtschaftskurs oder aus einer moralischen Perspektive im Religions- und Ethikunterricht erfolgen.

VViele Lehrerinnen und Lehrer empfinden Social Media immer noch als Ablenkung und scheuen sich deshalb, sie in ihren Unterricht zu integrieren. Aber die Nutzung der Vorteile von Social Media (Ansatz "mit den sozialen Medien") und die Verarbeitung realer Fälle über den Konsum von Social Media zu pädagogisch geeigneten Fallstudien für den Unterricht (Ansatz "über die sozialen Medien") schaffen einen Mehrwert für die SchülerInnen und erheben den Anspruch, sich mit Herausforderungen aus dem realen Leben auseinanderzusetzen.

Je nach Fach, das Sie unterrichten, können Sie präzisere Fälle auswählen, die im Unterricht behandelt werden sollen. Im folgenden Abschnitt geben wir einige allgemeine Ideen zur Integration von Social Media (Ansatz "über die sozialen Medien) in den Unterrichtsalltag

 

Binden Sie das Thema " Fake News " in den Unterricht ein:

https://www.bpb.de/mediathek/314983/what-the-fake-was-sind-fake-news

 

Wenn wir online sind oder uns in einem sozialen Netzwerk anmelden, werden uns im Allgemeinen Nachrichten, Artikel und Inhalte angezeigt, die auf unseren eigenen Online-Suchanfragen basieren. Diese Art von Inhalten spiegelt tendenziell unsere eigenen Vorlieben, Ansichten und Überzeugungen wider und isoliert uns daher von abweichenden Ansichten und Meinungen. Dies wird oft als Filterblase bezeichnet.

Was können wir gegen Fake News unternehmen?

Google und Facebook haben mit der Einführung von Melde- und Kennzeichnungstools neue Maßnahmen zur Bekämpfung von Fake News angekündigt. Medienunternehmen wie die ARD hat mit beispielsweise dem Faktenfinder ein Tool für die Aufklärung von Fake News einen großen Schritt im Kampf gegen Des- und Fehlinformationen geschaffen. Auch Webseiten wie mimikama.at oder volksverpetzer.de leisten hierhingehend wichtige und wertvolle Arbeit.

Dies sind zwar begrüßenswerte Entwicklungen, aber digitale Medienkompetenz und die Entwicklung der Fähigkeit, Informationen kritisch zu bewerten, sind wesentliche Fähigkeiten für jeden, der im Internet surft, und insbesondere für junge Menschen.

Die riesige Menge an online verfügbaren Informationen und die Zunahme von Fake News unterstreicht die Notwendigkeit kritischen Denkens. Kinder müssen von klein auf kritisches Denken entwickeln. Dies ist eine Schlüsselkompetenz, die junge Menschen entwickeln müssen, wenn sie in die Ausbildung eintreten und sich auf die Arbeitswelt vorbereiten.

Wie kann man Fake News erkennen?

Bei der Bewertung von Online Inhalten sind einige Dinge zu beachten.

  1. Schauen Sie genauer hin
    Überprüfen Sie die Quelle der Geschichte, erkennen Sie die Website wieder? Ist sie eine glaubwürdige/zuverlässige Quelle? Wenn Sie mit der Website nicht vertraut sind, schauen Sie im Impressum nach oder finden Sie weitere Informationen über den Autor. Hat die Website kein Impressum, ist dieser definitiv nicht vertrauen!
  2. Hinter die Überschrift blicken
    Sehen Sie sich den gesamten Artikel an, viele Fake News verwenden reißerische oder schockierende Überschriften, um Aufmerksamkeit zu erregen. Häufig sind die Überschriften der Fake News in Großbuchstaben und mit Ausrufezeichen versehen. 
  3. Andere Quellen prüfen
    Berichten andere seriöse Nachrichten/Medien über die Geschichte? Gibt es Quellen zu der Geschichte? Wenn ja, prüfen Sie, ob sie zuverlässig sind oder ob sie überhaupt existieren! 
  4. Prüfen Sie die Fakten
    Gefälschte Nachrichten enthalten oft falsche Daten oder geänderte Zeitangaben. Es ist auch eine sinnvolle Idee, zu überprüfen, wann der Artikel veröffentlicht wurde, ob es sich um eine aktuelle oder eine alte Nachricht handelt. 
  5. Überprüfen Sie Ihre Vorurteile
    Beeinflussen Ihre eigenen Ansichten oder Überzeugungen Ihr Urteil über eine Nachrichtensendung oder einen Bericht? 
  6. Ist es ein Witz?
    Satirische Seiten sind online sehr beliebt, und manchmal ist nicht immer klar, ob eine Geschichte nur ein Witz oder eine Parodie ist... Schauen Sie auf der Website nach, ist sie bekannt für Satire oder das Erstellen lustiger Geschichten ?

Hier sind einige Websites, die Fakten prüfen:

Mimikama: https://www.mimikama.at/

Tagesschau Faktenfinder: https://www.tagesschau.de/faktenfinder/

Correctiv.org: https://correctiv.org/faktencheck/

Nachrichten-Portale und Analysen zu Fake News im Allgemeinen und zur Corona-Pandemie: https://www.schule-bw.de/themen-und-impulse/medienbildung/lernmaterial/fakenews/corona-fake-news

Die umgekehrte Bildersuche ist ebenfalls ein hilfreiches Tool, um Fake News entlarven zu können: https://support.google.com/websearch/answer/1325808?co=GENIE.Platform%3DDesktop&hl=de

 

 

Auswahl an Fake News, die im Unterricht weiter diskutiert werden können

 

Fall 1 - Der falsche amerikanische Militärblog

Ein amerikanischer Militärbefehlshaber beschimpfte ukrainische Soldaten, die eine US-Ausbildung erhielten als "faule Drückeberger" mit "geringem Intellekt" . Sie waren schlecht ausgebildet, gierig und korrupt, schrieb der Offizier. Sie weigerten sich, Englisch zu lernen und waren die meiste Zeit betrunken.

Tatsächlich war die Beschimpfung, die sich gegen die ukrainischen Soldaten richtete, die Arbeit eines nicht identifizierten Trolls. Sie erschien in dem so genannten persönlichen Blog von Oberstleutnant Robert Tracy, dem Kommandeur der in Yavoriv stationierten Joint Multinational Training Group-Ukraine. Der Text wurde auf ukrainischen und russischen Websites verbreitet, bevor er von der Militäreinheit selbst entlarvt wurde. Der Blog wurde von einem Betrüger verfasst.

Der ursprüngliche Blog, der neben dem kritischen nur sehr wenige Beiträge enthielt, wurde schnell aus dem Internet entfernt.

Ein PR-Vertreter des ukrainischen Militärs, Bogdan Senik, bezeichnete den gefälschten Blog als "Provokation". Und die Jamestown Foundation, eine in Washington ansässige Denkfabrik, schrieb: „Inhalt und Zeitpunkt dieser Desinformationsoperation legen das endgültige Ziel nahe: die Beziehungen zwischen den USA und der Ukraine vor den laufenden sicherheitsrelevanten Verhandlungen zu zerstören."

 

  

Fall 2 - Fake News Hurrikan trifft Klimaaktivistin

2019 wurde die 16-jährige schwedische Aktivistin Greta Thunberg, die der Umweltbewegung neuen Schwung gab, vor der UNO sprach und vom TIME Magazine als Person des Jahres gekürt wurde, einer Unmenge an Online-Hass ausgesetzt, inklusive einer Reihe verblüffender falscher Behauptungen.


Die schwedische Klimaaktivistint Greta Thunberg: "Es gibt mindestens eine neue Verschwörungstheorie pro Tag.”

Einer Theorie zufolge ist Greta Thunberg eine fiktive Figur, die von einer jungen " Krisenschauspielerin " namens Estella Renee gespielt wird (Die Faktencheck-Seite Snopes widerlegt diese Behauptung). Zahlreiche Kritiker nannten sie eine Marionette einer PR-Firma oder der schwedischen Regierung. Politifact entlarvte Fotos als falsch, auf denen die junge Aktivistin angeblich mit einem Kämpfer des islamischen Staates posiert haben soll. Weiterhin kursierten nachweislich gefälschte Fotos von ihr mit dem Milliardär George Soros. Thunberg sei angeblich Soros' Enkelin, was u.a. die Recherche von correctiv.org widerlegt hat. Und ein weitverbreitetes Foto scheint Thunberg 1898 beim Goldbergbau zu zeigen, was den Verdacht weckt, dass sie eine Zeitreisende ist.

Die Online-Angriffe auf die Aktivistin waren zu weit verbreitet, um sie bis zu ihren Quellen zurückzuverfolgen, obwohl mindestens eine NGO versucht hat, Lobbyisten zu ermitteln, die versucht haben, sie zu diskreditieren. Thunberg selbst schrieb auf ihrer Facebook-Seite: "Täglich gibt es mindestens eine neue Verschwörungstheorie."

Fall 3 - 'Baby Basar' in Brüssel

“Homosexuelle aus der ganzen Welt trafen sich in Brüssel um einen auf einem "Tiermarkt" Kinder zu kaufen,” erklärte ein gelöschter Tweet von NTV,  einem Russischen Netzwerk, dass vom Staatsbetrieb Gazprom kontrolliert wird.  “Wenn es Geld gibt, steht ein Kind zum Verkauf.”

Der Bericht suggerierte, dass es möglich sei, auf einer im September in Brüssel abgehaltenen Konferenz ein Kind kaufen zu können. Tatsächlich zielte die fragliche Veranstaltung darauf ab, kinderlose (schwule) Paare mit potenziellen Leihmüttern zusammenzubringen. (Leihmutterschaft ist in Russland und einigen europäischen Ländern legal. Der Kauf von Kindern ist nicht legal). NTV beschrieb die Konferenz auch als eine Veranstaltung für wohlhabende Eliten. Diese Charakterisierung widerspricht dem Auftrag des Organisators der Konferenz "Men Having Babies", der schwulen Menschen, die Eltern werden wollen, Unterstützung - einschließlich finanzieller Beratung - anbietet.

Die Website euvsdisinfo.eu beschrieb den Bericht als proaktive Desinformation, die die Fakten verschleiern und starke Emotionen hervorrufen soll und die Geschichte in eine größere, von Russland unterstützte Erzählung "des angeblichen moralischen Verfalls und der Degradierung des Westens" einordnet.


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¹ Radio Free Europe, URL: https://www.rferl.org/a/top-10-fake-news-stories-of-2019/30337321.html